Hoch in den Bergen Nordmars.
Ein leichtes Schneegestöber nahm Fadrael die Sicht, über die ohnehin unüberschaubare Schneelandschaft, die sich schier endlos weit in den hohen Gebirgsketten erstreckte. Es mochte kaum länger als ein paar Stunden her sein, dass er stapfend die kleine abgelegene Mine, irgendwo im Nirgendwo verlassen hatte und trotzdem wäre es ihm unmöglich gewesen den Weg wieder zurück zu finden, den er gekommen war. Selbst die tiefen Fußabdrücke, die sein, für seine Körpergröße unglaubliches hohes Gewicht in die Schneedecke gedrückt hatte. Wurden langsam mit einer dünnen Schicht Neuschnee überdeckt.
Die Orientierung zu behalten war ohnehin nicht seine Stärke, jahrelang hatte er in ein und derselben Mine auf Erzklumpen herum gehackt, dass ihm zwei dicke Arme und einen beeindruckenden Brustumfang beschert, im Gegenzug dafür aber sein Gesicht entstellt hatte. Den schmalen, zu Schlitzen gewordenen, Augen, musste er häufiger eine Pause vor der reflektierenden Schneedecke gönnen, als seinen muskulösen Beinen. Die tiefen Falten auf seiner hohen Stirn, sahen vielleicht wie eine Dreingabe zu den beeindruckenden pulsierenden Adern aus, waren aber in Wirklichkeit nicht mehr als das Ergebnis der harten Arbeit und einiger herabstürzender Felsbrocken.
Das Einzige was ihm noch fehlte um wirklich für ein Veteran der Orkkriege gehalten zu werden, waren die tiefen Narben, oder das ein oder andere fehlende Körperteil und so verrückt es klingen mochte, genau deswegen unternahm er die Reise.
Einige Meter hinter dem Vengarder Pass
Auf die Frage von seinem Schüler am gestrigen Tage hatte der Glatzkopf nur knapp geantwortet.
„Natürlich habe ich mir meine Mutter zurückgewünscht“, sagte er. „Aber ich bin ein Typ, der von den Dingen loslässt, die nicht mehr zu ändern sind. Deshalb habe ich mich einfach an die Tatsache gewöhnt, dass sie nicht mehr lebt. Außerdem weiß ich, dass sie wohlbehalten bei Innos ist. Bei meinem Vater ist es eine vollkommen umgekehrte Angelegenheit. Er lebt noch. Und schwöre, dass ich ihn retten werde.“
Danach antwortete er nicht weiter auf die Prophezeiung hin, da die Sache ein wenig lächerlich war. Nigel sagte zwar kurz etwas dazu, aber selbst ein Weiser wie er konnte nicht abstreiten, dass sie real ist.
Des Weiteren unterhielten sie sich noch viel über die anderen Angelegenheiten, was Vengard und einige andere Örtlichkeiten oder Geschehnisse anging. Allerdings schweiften Rethus bewusst immer weiter von dem Thema seiner Familie ab. Auch heute redeten sie gern miteinander.
Gegen Nachmittag erreichten sie endlich den Pass. Nigel ging ein kleines Stück voraus. Irgendwie kam ihm der Pass bekannt vor. Dieser Ort hatte etwas Dunkles an sich. Wegen irgendeiner Sache war er doch schon einmal hier gewesen. Noch dunkel erinnerte er sich an die Anwesenheit Taviks und Kashims. Da waren allerdings auch noch weitere zwei Personen, die er gut kannte. Moment, das waren doch Donnervogel und Lasseko. Genau, hier hatten sie die Höhle gefunden, in der das mächtige Schwert von Jhok lag. Natürlich existierte die Höhl nicht mehr. Nicht nur der Einsturz hatte sie restlos verschwinden lassen, wahrscheinlich hatte auch Innos dafür gesorgt, dass sie verschwindet, denn Rethus konnte nirgends den Schrott erkennen, der von der Höhle hätte stammen können. Als sei sie vom Erdboden verschluckt worden.
Dennoch verspürte der Glatzkopf den Drang, so schnell wie möglich diesen Ort zu passieren. Allmählich stellte sich die Kälte ein. Zuerst war es etwas matschig, dann wurde der Boden nach und nach immer fester. Aber eine tatsächliche Schneegrenze kam nicht. Auch hier war der Sommer bemerkbar. Zwar konnte man in der Ferne auf den Bergen Schnee erkennen und es fiel hin und wieder auch eine Flocke, jedoch war es viel zu warm, als dass der Schnee liegen bleiben konnte. So hatte Rethus Nordmar noch nie gesehen.
Schließlich wandelte sich ihr Pfad von einem Steilen wieder zu einem etwas Flacherem. Dann folgten sie der Straße in Richtung des Hammerklans.
„Seid vorsichtig“, richtete der Gardist seine Aufmerksamkeit zu Mordry und Lodrick, da Nigel höchst wahrscheinlich schon darüber bescheid wusste. „In Nordmar gibt es viele Tiere, die uns recht unangenehm werden könnten. Vor allem jetzt wo der Krieg gegen die Orks hier in Nordmar vorüber ist, laufen die Viecher aufgeschreckt durch die Gegend und nicht nur das. Die Nordmarer sind uns zwar von unserer Angehörigkeit her wohl gesonnen, werden aber ein Auge auf uns werfen. Schließlich war der Krieg in diesem land hier bestimmt nicht leicht. Und wenn wir außerordentliches Pech haben, begegnen wir einem winzigen Rückzugslager der Orks, das die Nordmänner übersehen haben. Und die Orks hier in Nordmar sind wirklich von Grund auf anders als die in Myrtana. Die Zücken ohne mit der Wimper zu zucken die Waffen.“
Einige weitere Meter hinter dem Vengarder Pass
Mordry schaute die ganze Zeit nervös zur Natur und eigentlich hätte er erwarten können das nur Nigel etwas bemerkte. Nigel schaute den Fischer fraglich an und wunderte sich wahrscheinlich, warum Mordry so ängstlich schaute. Aber Mordry erkennte den Fehler, vorerst nicht über die Vergangenheit nachdenken und einen ignoranten und gefühllosen Blick auftragen sodass er kein Aufsehen erregen könnte. Der Fischer schaute Nigel fraglich an während dieser seinen Blick abwendete. Der Reisende tat dies ebenfalls, doch ließ er den Kopf langsam und ruhig nach vorne schweifen, bis seine Augen Nigel nicht mehr erfassen konnten. In dem Moment lief Nigel nach vorne um die Gegend betrachten zu können. Lodrick und Rethus redeten fast die ganze Zeit über miteinander. Ob Rethus etwas über seinen Bruder wusste? Viel wichtiger aber war die Frage WER wusste überhaupt etwas über Kemrick? Die Reise verlief still obwohl Mordry den Gedanken verlockend fand einen Hasen als Haustier zu halten, aber für das erste hatte er gerade mal Geld für einige Biere.
Am Pass schaute bemerkte Mordry wie Rethus melancholisch auf bestimmte Stellen schaute, Nigel war wohl der Aufmerksamste von allen den er musterte jede einzelne Ecke genau, Lodrick blieb eher unberührt und schaute hin und wieder. Wie sieht's bei Mordry aus? Emotionsloser Augenkontakt und gelangweilter Blick in die Natur, wenn dem auch nicht so war. Nigel wusste sicher das der Blick vom Fischer schon eher täuschen könnte weil er schon von Anbeginn der Reise wie versteinert mit demselben Blick sehnsüchtig hinausstarrte, es offen aber nicht zeigte.
Rethus sagte zu Mordry und Lodrick:,, Seid vorsichtig, in Nordmar gibt es viele Tiere, die uns recht unangenehm werden könnten. Vor allem jetzt wo der Krieg gegen die Orks hier in Nordmar vorüber ist, laufen die Viecher aufgeschreckt durch die Gegend und nicht nur das. Die Nordmarer sind uns zwar von unserer Angehörigkeit her wohl gesonnen, werden aber ein Auge auf uns werfen. Schließlich war der Krieg in diesem land hier bestimmt nicht leicht. Und wenn wir außerordentliches Pech haben, begegnen wir einem winzigen Rückzugslager der Orks, das die Nordmänner übersehen haben. Und die Orks hier in Nordmar sind wirklich von Grund auf anders als die in Myrtana. Die Zücken ohne mit der Wimper zu zucken die Waffen."
Auch was schönes, er hatte zwar ein Kurzschwert aber blieb weiterhin unerfahren. Wie auch immer. In nächster Gelegenheit wollte Mordry versuchen das er Rethus irgendwie möglichst alleine zu einem Gespräch bringen könnte, er hatte ein Gefühl das er wusste wer sein Bruder nun war. Vom Charakter könnte Rethus ihm nicht viel erzählen, das fiel ihm inzwischen wieder ein aber wo er war interessierte ihn wirklich.
Mal sehen was passierte...
irgendwo in Nordmar, auf dem Weg zum Hammerclan
Die Nacht war wie die davor sehr ruhig verlaufen. Auf Wachen verzichteten die vier erneut, allerdings merkte Nigel, dass der Gardist sehr aufmerksam die Gegend beobachtete. Der Heimatlose würde seinen Freund ablösen, doch zuvor brauchte er ein wenig Ruhe. Mitten in der Nacht war Nigel dann zu Rethus geschlichen, der mehr schlief als wachte und löste ihn unnötiger Weise ab.
Als der Tag anbrach saß er an einem Felsen angelehnt und döste ein. Die Erinnerungen an die Nacht waren sehr verblasst, da er oft eingenickt war. Dennoch war er sich sicher, das alles ruhig war.
Die Sonne stand hoch am Horizont, als die Reise fortgesetzt wurde.
Bis weit nach Mittag verlief der Tag ereignislos. Nigel ließ sich etwas zurückfallen und beobachtete die Umgebung. Einmal aus Neugier und zum anderen wegen Gefahren. Nordmar war kein Kinderspielplatz, dass wusste Nigel aus jüngsten Ereignissen. Ungern dachte er an den letzten Winter zurück. An die vielen Tage und Wochen im tiefen Eis, ohne jegliche Orientierung.
» Rethus, du weißt doch hoffentlich, wie es zum Hamerclan geht. Ich kenn mich zwar gut in Myrtana aus, aber in Nordmar verlauf ich mich zu gern. Selbst einen Weg von fünfhundert Fuß würde ich nicht zurückfinden. ...«, erzählte Nigel, der wahrlich keine Lust darauf hatte, wieder von irgendwelchen Goblins angegriffen und von besoffenen Nordmännern gerettet zu werden. Nie wieder...