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    Abenteurer Avatar von Meve
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Wie stets war ihre erste Reaktion die Konfrontation gewesen. Gleichwohl sie nur Stunden zuvor (wieder einmal) die Früchte des Zorns geerntet hatte, war sie nach dem gleichen Muster mit dem gleichen Verhalten wie eh und je zur Tat geschritten. Der Bursche mit den Segelohren – Heric, so nannte ihn der Nordmann – hatte einen leichtherzigen Spruch gemacht, nicht mal, um sie zu beleidigen, vielmehr um sie aufzumuntern … und Meve hatte es mit Gewalt beantworten wollen.
    Beschämt und wütend blickte die Hünin zu Boden, sodass der Nordmann sich räusperte und seine Frage mit brummendem Bass wiederholte: „Was ist los?“
    „Das ist los!“, schoss es aus ihr heraus und sie riss die Arme so heftig hoch, dass der junge Mann namens Heric einen Satz zurück machte. „Stell dir vor, dass du ein Leben lang darauf getrimmt wirst, zornig zu sein! Auf jede Herabwürdigung durch einen Schwächeren oder einen Konkurrenten mit Gewalt zu reagieren, die kleinste Beleidigung mit einer schmerzhaften Lektion zu beantworten!“
    Sie ließ die Arme hängen, Tränen in den Augen. „Und dann bist du außerhalb dieses Ortes, der all dies fördert, der all dies fordert … und merkst, dass es nicht Ruhm ist, den du dadurch erringst, sondern die Angst der Leute. Ihre Abscheu. Reine Verachtung für die gewalttätige, jähzornige Meve …“ Heftig wischte sich die junge Frau über die Augen. „Und dort, wo du eigentlich erwartest, das dieses Verhalten Eindruck macht, das es dich weiter bringt … erreichst du das Gegenteil. Du wirst ausgelacht, du wirst verdroschen wie eine Göre, die es verdient hat!“
    Schluchzer zwangen sich ihre Kehle hinauf. „Ich hasse sie alle!“ Ihre Fäuste ballten sich. „Diese Akademie, die Leute hier, alle!“, brüllte sie. Heric war blass vor Schreck geworden, während der rothaarige, alte Nordmann nur dastand und schweigend den Ausbruch beobachtete. Als keine weiteren Worte über ihre Lippen kamen, räusperte er sich, blieb jedoch unbewegt stehen.
    „Ich kenne das.“, antwortete der Hüne schlicht.
    „Ach?!“, stieß Meve schluchzend hervor, „Woher denn, mh?!“
    „Wer auch immer dich … ausgebildet hat, Mädchen, hat Ähnlichkeit mit meinem Vater. Der alte Fyresgrim war zu Zeiten von König Rhobar dem Ersten … nun, nennen wir ihn lieber noch Rotbart, denn so hieß er damals in den Clans … nun, mein Vater war einer der Krieger seiner Schar. Sein Können im Kampf war so weit ganz gut. Er war nicht der stärkste oder schnellste Kämpfer, aber er konnte sich wohl einigermaßen behaupten. Sein Dienst in der Schar, die die Grundlage des späteren Reiches bilden sollte, brachte ihm Ruhm und Gold. Er baute sich im Feuerclan ein schmuckes Langhaus, fand eine Frau und die gebar ihm ein Kind. Meine Wenigkeit.“
    Er blickte in die Ferne. „Ich wurde sein … preisgekröntes Haustier. Ich sollte stärker, schneller, besser als alle anderen werden. Dabei geizte er nicht mit Schlägen, Tritten, der Peitsche oder dem Axtstiel. Kam ich nach Hause mit blutiger Nase und erzählte, ich der andere sei ungeschoren davon gekommen … verprügelte er mich wie einen Straßenköter und kettete mich – egal bei welchem Wetter – vor dem Langhaus an, gerade so, dass ich das Herdfeuer sehen und das Fleisch riechen konnte. Meinen Anteil bekamen dann seine Hunde. Also wurde ich stärker, schneller und besser. Als er. Mein Können überflügelte seines bald. Ich wurde zum gefeierten Orktöter, wurde zum Ahnenkrieger ernannt … und auch das war ihm nicht genug. Denn nun beschämte ich ihn durch mein Können. Und was war meine Reaktion darauf? Anstatt die Schultern zu zucken und diesen bedauernswerten, alten Mann links liegen zu lassen? Ich reagierte, wie er mich getrimmt hatte, zu reagieren. Mit Zorn. Im Kampf, in Raufereien. Ich bekam den Ruf eines Berserkers und schlachtete die Orks, von denen jeder das Gesicht meines Vaters trug, … bis … eines schicksalhaften Tages … ich im Blutrausch die Axt gegen Verbündete erhob, im Wahn zwei Kameraden, zwei Orkjäger tötete. Da merkte ich, dass ich den falschen Weg gewählt hatte, den Weg, auf den Fyresgrim mich gestoßen hat. Ich …“
    „Du hast deinen Vater getötet?“, fragte Heric leise und ungläubig.
    Der Sohn des Fyresgrim schnaubte belustigt. „Nö, der Hundesohn wurde von meinem jüngsten Bruder erdolcht. Hat der alte Sack verdient. Nein, worauf ich hinausmöchte, ist: Du kannst dich deinem Zorn hingeben, der ein Produkt deiner Ausbildung, deines Lebens ist. Dann wirst du irgendwann auf einen Weg kommen, der dich unweigerlich ins Verderben führt. Der Weg wird dir sicher Ruhm einbringen, du wirst die Schädel deiner Feinde sammeln wie Trophäen … aber was, frage ich dich, wird dann bleiben? Wenn alle Schwerter deiner Feinde zerbrochen zu deinen Füßen im Dreck liegen?“
    Die Antwort Meves war ein langes Schweigen.
    Geändert von Meve (29.04.2024 um 14:19 Uhr)

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    Lehrling Avatar von Heric
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    Heric ist offline
    Nach den Worten Ragnars hatte sich Heric Schritt für Schritt zurückgezogen. Die Leichtigkeit, mit der der Nordmann vom Mord am eigenen Vater durch seinen Bruder erzählt hatte, ja mit der Andeutung, er habe es verdient, hatte den jungen Argaaner mehr schockiert, als der ehemalige Paladin ahnen konnte.
    Die beiden hochgewachsenen Gestalten waren zu sehr mit sich selbst und dem Gegenüber beschäftigt, dass Heric leisen Fußes gehen konnte. Er hob die Hände, merkte, dass er zitterte. Das Bild Kiyans kam ihm in den Sinn, ferngesteuert, wie er die Angehörigen des Schlangenvolkes in der Mine systematisch, professionell tötete, Leben nahm, wie der Bauer mit der Sense Getreide schlug. Auch wenn es immer noch schwer zu erfassen war, wusste Heric, dass der Wächter von der Hexe kontrolliert worden war. Ragnar jedoch in all seiner kalten, verachtenden Art, die er zum Leben und seinem Wert hatte, schockierte ihn zutiefst. Da war kein böser Geist, keine Fäden, die ihn willenlos tanzen ließen. Nein, es war – wie er selber gesagt hatte – das Werk der Ausbildung seines Vaters. Er hatte es begriffen, verstanden … und nichts daran geändert. Den Zorn nur in Bahnen gelenkt, die ihn auf eine gewisse Weise sinnvoll machten. Aber machte es das Ganze besser? Ob jemand für sich selbst tötete, sich dem Blutrausch hingab, oder es im Namen einer Sache oder höheren Macht tat?
    Vielleicht hat’s seinen Grund, warum der Mann kein Paladin mehr ist, dachte Heric bei sich, er meinte, sein Bruder sei tot. Das habe ihn nachdenken lassen. Was, wenn der Bruder der Käfig war, der die Art Ragnars in Zaum hielt, … und sein Wegfall diesen wieder zügellos werden ließ. Denk an die Schläger im Armenviertel.
    Angewidert schüttelte Heric den Kopf. Seine Schritte führten ihn zum Haus des alten Bauern, der ihn mit hochgezogener Braue ansah, als er vor ihm Aufstellung nahm, sich räusperte und sprach: „Ich danke Euch für die Arbeit, Meister, aber ich muss dann wieder meiner Wege ziehen.“
    „Welche Arbeit?“, brummte der Alte.
    „Hä?“
    „Faulpelz. Der Riese hat geackert, du hast ein paar Handgriffe getan, wenn ich geguckt habe, und ansonsten Maulaffen feilgehalten oder im Weg gestanden.“
    „Also, äh … das ist ja unerhört …“
    „Ziehe Leine, Rumtreiber!“, der alte Landwirt machte eine abweisende Handbewegung. „Troll dich nach Stewark, da kannste bei den Städtern nichts tun. Die begrüßen sowas, Hauptsache du huldigst dem König, dem Arsch.“
    Und damit war der Alte wieder weg und ließ Heric da stehen. Der blickte nochmal zu Ragnar und dem Mädel, beide ins Gespräch vertieft.
    „Götter, das hier ist meine Heimatinsel. Ich brauch keinen verdammten Ex-Paladin, der mich an der Hand nimmt.“ Er spuckte aus. „Und dein Gold und deinen Hof steck dir sonstwo hin, Alterchen.“
    Und damit machte sich Heric ganz ungeniert aus dem Staub.

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    Abenteurer Avatar von Meve
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    „Also?“, fragte der rothaarige Nordmann, um Meve aus ihren Gedanken zu reißen. Sie wischte sich ein letztes Mal über die Augen, um den verräterischen Staub herauszubekommen, der dafür gesorgt hatte, dass ihr die Tränen kamen. Sie räusperte sich. Verflucht trockene Landschaft hier im Frühling, fast schon wüstenhaft. Da setzte sich einiges an Sand in der Kehle ab, dass das Abhusten wie Schluchzen klang.
    „Ich verstehe, worauf du hinaus willst …“, begann sie langsam, ehe sie über die Tatsache stolperte, den Namen des Mannes nicht zu kennen.
    „Ragnar“, brummte er, „Ragnar Fyresgrimson.“
    „Ich verstehe deine Worte, Ragnar“, fuhr sie fort und nickte, „In meiner … kurzen Zeit hier auf Argaan, habe ich schon einige Menschen kennengelernt, die Anstoß an meinem Verhalten genommen haben. Meinem Jähzorn. Sie sagten es mir auch. Die einen direkter, die anderen weniger.“ Meve pausierte kurz, blickte zu Stewark, dass da an der Küste lag. Seltsam, sie blickte sich um, wo war der Bursche namens Heric? Mh, sah sie ihn da in der Ferne marschieren? Irritiert schüttelte sie den Kopf, wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Ragnar zu.
    „Das Problem zu kennen, ist eine Sache“, erklärte sie, „Es aus der Welt zu schaffen dagegen eine ganz andere. Meine jähzornige Ader wurde lange gehegt und gepflegt, so … wie du gesagt hast. Ein preisgekröntes Haustier. Da wo ich herkomme, haben unsere Meisterinnen uns genau darauf getrimmt. Wir sollen Waffen in Menschengestalt sein. Die Personifikation des Krieges.“
    „Ich kenne deinen Orden, Kind.“, unterbrach er sie grollend und sein Blick hatte dabei wenig Herzliches. Er hob den linken Arm, schob den Ärmel des Wollhemdes zurück, das sich über den stammdicken Oberarmen spannte. Er offenbarte eine gezackte Narbe, geschlagen von einer offensichtlich gezackten Klinge. „Eine deiner … Schwestern? Vorgängerinnen? … wie auch immer, eine von ihnen hat mir das verpasst.“
    Meve schluckte. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass der Mann vor ihr ein Veteran unzähliger Schlachten war, ein versierter Orktöter. Wahrlich eine Waffe in Menschenform. Und viel mehr, wie es schien. Sein Lächeln bekam etwas eiskaltes.
    „Es war nach meiner Ernennung zum Ahnenkrieger“, erklärte Ragnar ruhig, „Ich hatte genug Orks getötet, um mir bei ihren Kriegern in Nordmar einen Namen zu machen. Irgendwas orkisches, logischerweise. Übersetzt heißt es wohl: Mann mit dem Haar von der Farbe eines Feuerwarans und der Stärke eines Bergtrolls. Sind nun mal keine Poeten, die Orks. Jedenfalls war ich mit meiner Bande auf Jagd. Weit im Norden, weit im Osten an der Küste. Da legte ein Schiff an und eine Frau kam an Land. Stellte sich vor, hielt eine großartige Rede über die Werte eures Ordens, die Schwäche aller anderen und das Recht des Stärkeren … hm, wie hieß sie nochmal? … na, wie dem auch sei: Sie forderte mich heraus, da mein Ruhm wohl bis zu der Pforte eurer Ordensburg geklungen war. Sie trug zwei gezackte Schwerter und kämpfte im Stil der Assassinen von Varant. Sie war schnell und gut. Aber ich war stärker und größer. Eigentlich hätte sie da einen ruhmreichen Tod verdient, aber sie … bettelte am Ende. Überlebensinstinkt, würde ich sagen. Ich nahm ihre Klingen und warf sie ins Meer, bot Rast und Speis an. Als ich ihr den Rücken zuwandte, wollte sie mich erdolchen. Nur ein Ausruf meines Waffenbruders Garulf – die Ahnen mögen ihn behüten – rettete mir das Leben. Dafür bezahlte er mit einem Wurfmesser im Auge und einem ruhmlosen Tod. Ich erteilte dem Miststück eine Lektion. Ich zerrte sie zum Feuer, nachdem ich sie windelweich geprügelt hatte. Sie überlebte. Sah aber danach nicht mehr allzu schön aus, so mit halb verbrannter Visage.“
    Das Lächeln Ragnars hatte etwas wölfisches, als er weitersprach. „Sieh, Kind, ich verstehe eure Denkweise und bis zu einem gewissen Grad eure Motivation. Aber sie führt nirgendwo hin. Am Ende bist du diejenige, die ausufernde Brutalität zur Schau stellt. Ist es das wert?“
    Die letzten Worte hörte Meve gar nicht mehr.
    „Meisterin Aviena!“, rief sie aus und schlug sich die Hände vor den Mund.
    „Ja!“, Ragnar lächelte erfreut, was besonders makaber wirkte. „So hieß das Weib.“
    „Du … du hast sie so verunstaltet?“ Mehrmals schüttelte Meve den Kopf. „Sie ist mit Abstand unsere strengste Ausbilderin. Fast schon fanatisch dem Kodex des Ordens verschrieben.“ Und leise fügte sie an: „Das ist in dem Falle nun fast schon verständlich …“
    Der Hüne namens Ragnar seufzte. „Hast du mir zugehört? Bei den Ahnen, Kleine, willst du so werden? Wie ich, der vom Morden und Verstümmeln spricht wie vom Abendspaziergang? Oder wie deine Ausbilderin, die eine Niederlage mit anschließender Bestrafung nur noch mehr in den Wahn getrieben hat? Am Ende stehst du – wenn du überlebst – als grauhaarige, vernarbte Veteranin da … und was? Hast du dann gewonnen? War dein Leben des Zorns, des Blutvergießens, dann ein erfülltes?“
    Meve schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht, nein … aber wie ich sagte, ist es schwer, eine angezüchtete, eingeprügelte Eigenschaft einfach abzulegen. Ich … kann nur versuchen, mich zu ändern.“
    Das folgende Lächeln Ragnars wirkte nun herzlich, als hätte Meve die Lektion, die er ihr mitgeben wollte, verstanden.
    „Versuchen ist gut. Versuchen ist ein Anfang.“, stellte er brummend fest. Dann, einem Gedanken folgend, blickte er sich um. „Wo ist denn der Junge?“
    „Heric?“, fragte Meve, „Sah aus, als wäre der nach Stewark gegangen.“
    „Hmpf“, machte Ragnar nur, „Ungeduldiger Kerl. Erinnert mich einfach zu sehr an Isegrim. Als hätte man einen Sack Flöhe in Menschenform gepresst.“ Er hob die Schultern. „Der wird überleben. Und du, Mädel? Wohin willst du?“
    „Wohl auch nach Stewark.“
    Der Hüne seufzte. „Was ihr nur alle an Stewark findet … na dann, ich verabschiede mich nur kurz und dann gehen wir los.“

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    Neuling Avatar von Dion
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    Dion ist offline

    Unweit des Gasthofs zur Gespaltenen Jungfrau

    „Äääääh … jaaaaa …“, sagte Dion gedehnt und fuhr sich nervös lächelnd durch die zerzausten Haare. Die entgegengesetzte Richtung? Verflucht! Er hatte gewusst, dass irgendwas nicht stimmte! Aber ihm war viel wichtiger gewesen, einfach von diesem gruseligen Monolithen und dem Monster im Wald wegzukommen, und das zumindest hatten sie geschafft. Dass sie sich dabei wohl auch weiter und weiter von Thorniara entfernt hatten … Nunja…
    „Also, ich dachte, wir könnten etwas Verpflegung für den Weg vertragen, oder nicht?“, platzte er schließlich heraus. Oh-oh, die Wu-Du-Hexe sah echt sauer aus! Hoffentlich kam sie nicht auf die Idee, seine Leber zu essen, nachdem sie daraus eine Prophezeiung gelesen hatte! „Bis zur Stadt ist es noch weit, und das hier… das ist…“ – Ja, was ist das eigentlich? Dion hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden. Das große Gebäude sah irgendwie nicht nach einem Bauernhof aus, eher… Er kniff die Augen zusammen. Da schaukelte doch tatsächlich ein Schild über dem Eingang, auf dem die ungelenke, aber erkennbare Zeichnung eines Bierkrugs prangte! Seine Miene hellte sich auf der Stelle auf. Ich danke dir, Innos, dass du mir den rechten Weg gewiesen hast!
    „Daaaas“ – er zog den Vokal in die Länge und breitete die Arme aus, als ob er von Anfang an vorgehabt hättee, Corsika diesen Ort zu präsentieren, „Ist das Gasthaus zur … äh … ‚Zur freundlichen Wirtin‘, genau!“
    Dion grinste. Da hatte er ja nochmal Glück gehabt! So hatte Corsika keinen Grund, seine Leber zu essen, und sein eigener Magen würde hoffentlich auch bald wieder beruhigt sein. Dass er kein Geld dabeihatte, sollte kein Problem darstellen. Immerhin war er ein Adlatus des Ordens Innos‘, und die Menschen waren immer bereit, treuen Dienern der heiligen Kirche auszuhelfen, wenn sie der Unterstützung bedurften! Dafür würde er die guten Leute natürlich in sein Gebet einschließen.
    „Fhtagn!“, hustete Timo plötzlich. Das Böcklein war Dion den ganzen Weg über nicht von der Seite gewichen, ganz entgegen seiner üblichen Gewohnheit. Besorgt kraulte Dion die kleine Ziege hinter den Ohren. Hatte Timo sich vielleicht erkältet? Hoffentlich war es nichts ernstes!
    Geändert von Dion (18.05.2024 um 14:50 Uhr)

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    Lehrling Avatar von Isidor
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Von Thorniara Richtung Bluttal

    Die Mauern der Hafenstadt wurden mit jedem Schritt kleiner, als sich Isidor den Weg gen Süden annahm. Bauern, die ihre Waren auf Karren geladen hatten, kamen ihm entgegen, grüßten freundlich. Viele von ihnen trugen breite Hüte gegen die stechenden Strahlen der Sonne, die der junge Mann durchaus unterschätzt hatte. Hier auf den Südlichen Inseln schien sie mit mehr Kraft hernieder und schon der Frühling schien an die warmen Sommer im Zentrum Myrtanas zu reichen, was die Hitze betraf.
    Trotz des Schweißes, der ihm über bereits jetzt übers Gesicht lief, genoss er die Wärme und das schöne Wetter. Es gab seinen Schritten mehr Leichtigkeit und half dabei die düsteren Gedanken zu vertreiben, die ihn seit dem Vorfall im Badehaus begleiteten. Er bekam die Rufe seiner Mutter, dass er fliehen sollte und die Schreie seiner Geschwister nicht aus dem Kopf.
    Um sich abzulenken ließ er den Blick schweifen, nahm die Umgebung in sich auf. Weite Felder säumten das bestellte Land. Er konnte Roggen sehen, der bald zur Ernte bereit war. Die Ähren wogen sanft im milden Wind. Auf anderen Feldern war gerade erst die Saat ausgebracht und Isidor vermutete, dass zum Herbst hin beim Fest des Sonnenfeuers, wo die warmen Tage verabschiedet und mit reicher Ernte gefeiert würden, reicher Hafer das ländliche Bild bestimmen würde. Einige Felder lagen auch brach, wurden für das Vieh genutzt, welches den Dünger für die nächste Aussaat lieferte. Das Leben als Bauer erschien ihm so simpel, trotz der harten Arbeit. Doch ohne sie, würde kein Königreich Bestand haben.

    In einiger Entfernung entdeckt er ein Gestüt, auf dem Knechte sich den Pferden annahmen. Die Reiterei war seit jeher ein fester Bestandteil des myrtanischen Heeres gewesen, doch für den Hünen waren diese Tiere ein Graus. Ihre Größe und Unberechenbarkeit ließen ihn tiefen Respekt verspüren, so sehr, dass er sich am liebsten von ihnen fernhielt. Er war bereits hoch von der Erde, da brauchte er die Welt nicht noch vom Rücken eines Pferdes aus betrachten.
    Im Osten und Süden erblickte er hohe Berge, die er als Weißaugengebirge kannte. Woher dieser Name wohl stammte? Die Wipfel waren schneebedeckt, doch was hatte es mit den Augen auf sich? Er war sich sicher, dass es viel gutes Erz unter den Bergen geben würde, an welchem er sich gern probieren würde. Es war bereits viel zu lange her, dass er einen Schmiedehammer in Händen gehalten hatte. Ihm fehlte das vertraute Gefühl des schweren Werkzeugs und das befriedigende Geräusch, wenn er auf Metall traf. Hoffentlich würde er in Stewark Arbeit finden. Das könnte ihm dabei helfen, sich zu etablieren. Er brauchte etwas, einen Deckmantel und wenn es darüber hinaus seinem Können entsprach, wäre es umso glaubwürdiger, oder? Ja, ja das sollte er machen.

    Als das letzte Gehöft hinter ihm zurückblieb, wurde die Straße leerer. Links und rechts erhoben sich die Ausläufer des Gebirges und ein naher Wegweiser erweckte Isidors Interesse.
    „Norden – Thorniara“, las er langsam die in Holz geschnitzten Buchstaben des Schildes, welches an einen Pfahl, der in den Boden gehämmert worden war, ab.
    Buchstaben zu entziffern war ihm schon immer schwierig gefallen, doch bisher kam er zurecht. Das ein ums andere Mal war er in Schwierigkeiten geraten, als er mit der Bürokratie des Reiches nach dem Verlust seiner Familie konfrontiert worden war. Bürgerurkunde, ein Brief, dass er als Handwerker tätig sein durfte. Alles hatte seine Ordnung haben müssen, doch für ihn waren diese Sachverhalte nicht mehr als ein Ärgernis gewesen, da er seine Zeit mit Trauer und Alkohol verbringen wollte. Jetzt, wo er daran zurückdachte, erinnerte er sich auch, dass er seine Bürgerurkunde in den Händen des Soldaten gelassen hatte, der ihn nach Argaan geschickt hatte. Hoffentlich würde er sie nicht brauchen oder Armond hätte einen Ausweg für ihn.
    „Süden – Bluttal“, las er jenen Schriftzug, der unter dem ersten prangte.
    „Bluttal? Das klingt nicht sehr einladend“, murrte er.
    Doch zumindest wusste er, dass er weiter gen Süden musste, wenn er nach Stewark wollte. Doch wie weit…das war eine andere Frage. Er nahm seinen Trinkschlauch zur Hand und bekämpfte seinen Durst mit Wasser. Wie gern er jetzt einen Schluck Bier gehabt hätte…

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    Veteran Avatar von Curt
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
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    Bergpfad zwischen Thorniara und Stewark

    „Die Fische als Gemeinschaft in Kettenhemden?“, wiederholte Curt und rieb sich nachdenklich durch den wieder etwas dichter werdenden Vollbart. So ganz wollte ihm der Vergleich nicht gelingen. Wenn Fische gemeint waren, sollten es dann nicht vielmehr Schuppenpanzer sein anstelle von Kettenhemden? Aber das war wohl Wortklauberei; die Möglichkeit, dass sich zwischen den Versen übertragene Botschaften versteckten, mussten sie in Erwägung ziehen. Und in der Nähe der Klippen lebten sicherlich auch Fische – die Indizien verhärteten sich.
    „Du weißt eine Menge Geschichten zu rezitieren. Das ist fantastisch! Es genügt nicht nur, die Lehren der Geistlichen zu studieren. Die völkischen Überlieferungen offenbaren nicht selten große Schätze äquivalenten Ausmaßes. Wer weiß, vielleicht hat ihre Eminenz sich bei der Formulierung des Rätsels ja genau an einer solchen Überlieferung orientiert.“
    Er blieb kurz stehen, weil Rüdiger das tat, wofür Esel so bekannt waren. Er verhielt sich stur. Der Weg, den sie eingeschlagen hatten, nahm allmählich an Steigung zu. Sie würden einen Pass über die Berge südlich von Thorniara finden müssen, wenn sie die Zeit aufholen wollten, die ihnen Gabriel voraus war.
    „Symbolik“, murmelte Curt. „Ein Esel wird oft als Symbol der Sturheit benutzt. Welche Bedeutung könnte ein Fenster haben? Abseits des lichtspendenden Loches in einer Hauswand meine ich. Eine unbekannte Höhle, die sich erst kürzlich aufgetan hat? Eine unterirdische – oder submarine Grabkammer? Oder handelt es sich gar um ein magisches Fenster? Ein Portal vielleicht?“
    Er seufzte. Wer einen Fisch mit Kettenhemd versah, würde womöglich auch einen losen Grabdeckel als Fenster bezeichnen. Sie würden ihre Ohren innerhalb von Stewark nach weiteren Gerüchten offenhalten müssen.

    „Ah, jetzt sehe ich, warum der Esel murrt“, meinte Curt und deutete voraus. Vor ihnen tat sich eine große Höhle auf. „Sieht wirklich nicht wie ein Fenster aus, aber wir müssen vermutlich trotzdem da durch.“
    Mit einer schwungvollen Bewegung beschwor er eine Lichtkugel.
    „Bleib dicht an meiner Seite.“

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    Kämpfer Avatar von Felia
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Felia ist offline
    Die Art und Weise, wie Curt beinahe beiläufig seinen Geleitschutz anbot und sie dazu mahnte, in seiner Nähe zu bleiben, hatte für Felia etwas... befremdliches und ließ sie kurz innehalten. Es war nicht die Tatsache, dass sie noch nie von überambitionierten Buhlern hatte beschützt werden sollen - derlei Dinge ergaben sich in einer Stadt wie Thorniara leider laufend. Halbstarke Heranwachsende, die dachten, man könne das Herz einer schönen Frau einzig durch Galanterie und Courtoisie gewinnen waren dort ebenso häufig vertreten wie lüsterne Greise, die durch vorgespielte Hilfsbereitschaft auch Tuchfühlung hatten gehen wollen. Eine so bildschöne Frau wie die junge Novizin hatten all das bereits zuhauf erlebt. Der Beschützerinstinkt Curts war da kein Novum.
    Und doch war es anders. Die vollkommen unaufgeregte Art und Weise, wie er mit ihrer Nähe umging und die Tatsache, dass selbst auf den zweiten und dritten Blick keinerlei Hintergedanken zu erkennen waren, unterschieden den bärtigen Novizen von so vielen seiner Vorgänger. Und irgendwie erinnerte er sie an einen Mann, den wiederzusehen, Felia bereits aufgegeben hatte. Es erinnerte sie an ihren Bruder. Aaron. An genau den Kerl, der Innos weiß wo durch die Weltgeschichte stapfte, vermutlich weiterhin an der Seite dieses vollkommen verblendeten und größenwahnsinnigen Paladins sein tristes Dasein stiftete und seine arme, schutzlose, große Schwester gänzlich allein in der grausamen Stadt Thorniara zurück ließ. Und der jetzt nicht mal wusste, dass sie einen gänzlich neuen Beschützer an ihrer Seite hatte.

    »Natürlich, oh mein großer, stattlicher Held«, feixte sie und hakte sich mit gespieltem Schrecken bei ihrem Liebsten ein. »bitte beschütze mich vor dem Übel, das uns in der Höhle auflauern mag.« Sie lächelte ihn kokett an und zwinkerte ihm neckend zu.

    »Warst du eigentlich schon mal dort?«, fragte sie unverblümt, nachdem sie einige Schritte gegangen waren. »In Stewark, meine ich? Wir werden eine ortskundige Person brauchen, wenn wir die Lösung des Rätsels herausfinden möchten, fürchte ich.«, erklärte sie. Die bildschöne Frau selbst wäre dabei vermutlich nur bedingt hilfreich, denn in ihrem kurzen Leben hatte sie bisher nur einige wenige Male den gefährlichen Weg außerhalb Thorniaras beschritten - nie aber hatte sie ihr dieser Weg mitten in die Stadt des Glaubensfeindes geführt.

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    Veteran Avatar von Curt
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    Curt ist offline
    ‚Großer, stattlicher Held?‘

    Nun, dieses Kompliment nahm Curt natürlich mit einem Schmunzeln und leichter Röte entgegen, wenngleich er sich hier nicht als Beschützer aufschwingen wollte. Ihm war wichtig, dass sie sich in dieser Höhle, die hoffentlich ein Tunnel war, nicht verloren. So mancher Möchtegern-Abenteurer war bereits durch einen unglücklichen Fehltritt in Adanos‘ Sphäre eingekehrt. Diesen Stempel wollte sich Curt nicht aufdrücken lassen, er war zu Größerem bestimmt. Felia ebenfalls, wenngleich er so seine Zweifel daran hatte, dass diese hauchzarte Gestalt überhaupt in der Lage war, einen Einsturz zu verursachen. Mit ihrem Körper bestimmt nicht, wohl aber mit Stimme und Willenskraft. Da konnte sie sicher ganze Berge versetzen.

    „Ja, als Heranwachsender war ich hin und wieder in Stewark“, antwortete Curt auf Felias letzte Frage. „Das muss aber schon über zwanzig Jahre her sein. Vor dem Verlust der Runenmagie jedenfalls und bevor die Stadt zwischen die Fronten geriet. Ich habe gelegentlich Handelskarawanen begleitet, um an seltene Schmuckstücke zu gelangen. Allerdings bezweifle ich, dass noch irgendeiner meiner ortsansässigen Kontakte am Leben ist. Die waren schon alle ziemlich vergreist.“
    Er legte es auch nicht darauf an, von irgendjemandem aus Stewark erkannt zu werden. Er wollte ein unbeschriebenes Blatt sein. Ein neugieriger Reisender, vielleicht ein Pilger. Er konnte überhaupt nicht einschätzen, wie feindselig sich die ortsansässigen Magier ihnen gegenüber verhalten würden, sollte er sich als Novize zu Erkennen geben.

    „Was hältst du von einem Rollenspiel?“, fragte er Felia also ganz unzweideutig, während er ihr die Hand reichte, um eine der größeren Spalten im Felsgestein zu überwinden. „Wir sollten uns eine Vorgeschichte überlegen, wenn die Wachen fragen, woher wir kommen und was wir in der Stadt zu suchen haben. Fällt dir da nicht etwas aus deinem Fundus an Geschichten ein, das wir adaptieren können?“

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    Lehrling Avatar von Piero
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    Nördliches Bluttal

    „Nun kommt schon, Rutger, lasst Euch nicht so bitten!“, lamentierte Piero ungeduldig, während er fahrig mit der Hand nach seinem Begleiter wedelte. Der Novize stolperte, immer noch in der Ordnung seines Robenstoffes begriffen, aus dem Unterholz, dem er in aller Eile seinen innosgefälligen, feuchten Segen geschenkt hatte.
    „Wartet auf mich!“
    Mit einem zuckersüßen Lächeln macht Piero Platz auf dem vorderen Teil des Ladefläche, den Rüdiger umgehend wenig elegant erklomm und schwer atmend zum Liegen kam.
    „Ihr habt so viel Gold ausgegeben, um den freundlichen Herrn mitsamt Fuhrwerk vom Ausfall seiner Arbeit zu entlohnen und uns gen Stewark zu bewegen. Da wäre es doch ein Jammer, wenn er nun ohne Euch gefahren wäre, werter Freund.“
    „Das – ist nicht – komisch!“, protestierte Rüdiger. Piero klopfte ihm auf die Schulter.
    „Glaubt mir, es lohnt sich. Nach allem, was Ihr mir erzählt habt, könnte dieser Gabriel schon längst in Stewark angelangt sein. Mit dem Wagen sind wir nicht nur schneller, sondern auch ausgeruht. Das wird Euch den entscheidenden Vorteil bringen. Das“, er legte sich die Hand auf die Brust, „und natürlich meine Wenigkeit!“

    Als sich das Fuhrwerk rumpelnd wieder in Bewegung gesetzt hatte und Rüdiger wieder zu Atem gekommen war, tauschten sie wieder die Plätze. Piero lehnte sich entspannt zurück und ließ die Beine von der Ladefläche hängen.
    „Ich weiß immer noch nicht, wie Ihr mir helfen könnt“, gestand Rüdiger ein und machte eine ratlose Miene.
    „Ach, Renzo“, rief Piero lächelnd und klopfte Rüdiger aus seiner liegenden Position heraus auf den unteren Part seines Rückens. Er hatte Vergnügen daran, den Novizen immer wieder mit beiläufigen Körperlichkeiten zu quälen und zu sehen, wie der tollpatschige Bücherwurm sich unbeholfen wand, statt sich dagegen zu wehren.
    „Zuerst einmal bin ich eine angenehme Reisebegleitung, und was ist schon eine Reise ohne jemanden, mit dem man seine Eindrücke teilen kann? Außerdem bin ich vermutlich etwas geübter darin als ihr, komplexen Aufgaben wie dieser eine gewisse – sagen wir Struktur zu geben, um die scheinbar unlösbare Mission in erreichbare Teiletappen zu zerlegen. Und drittens, liebster Randolf“, Piero richtete sich auf und sah ihm begeistert in die Augen, während seine Hand auf den Oberschenkel seines Reisegefährten klopfte, „drittens habe ich mich rein zufällig ein wenig über die Stadt auf dem Felsen umgehört, bevor ich hierher kam. Und nun, was soll ich sagen? Rein zufällig erreichte mich die Kunde, dass in Stewark vor wenigen Monaten erst ein neuer Tempel mit einem pompösen Stadtfest eröffnet wurde. Und wisst, Ihr was meine Quelle als die herausragendste Sensation an diesem ganz und gar außergewöhnlichen Bauwerk in dieser sonst ganz und gar unbedeutenden Siedlung bezeichnete?“
    Rüdiger glotzte wie ein Bauer. „Äh…“
    „Genau!“, rief Piero. „Dieser Tempel ist eine Grotte im Fels mit einer gewaltigen Öffnung zur See, die sich bis zur Decke hinauf an einer unsichtbaren Barriere türmt. Ein Fenster zum Meer! Was wollen wir davon nur halten, werter Rasputin?“
    Rüdigers Miene schwankte zwischen Begeisterung und völligem Unverständnis. Bei seinem Anblick schlief selbst Piero das Gesicht ein.
    „Wir finden das gut und schauen uns das an“, gab er dem Novizen leise einen Hinweis.
    „Ja. Ja, natürlich. Aber Piero?“
    „Ja, Richard?“
    „Eure Hand liegt immer noch auf meinem Oberschenkel.“
    Piero grinste diebisch. „Ich weiß.“
    Geändert von Piero (28.05.2024 um 18:32 Uhr)

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    Kämpfer Avatar von Felia
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    »Also, wiederholen wir das Ganze nochmal.« Sie hob mahnend den Finger in Curts Richtung. Die beiden hatten mittlerweile den düsteren Tunnel bereits eine Weile hinter sich gelassen und erste Ideen mehrfach überarbeitet und dann doch verworfen.

    »Ich bin eine...« Sie blickte ihn auffordernd an.
    »Wunderschöne junge Frau?« Er grinste ihr spitzbübisch zu. Sie seufzte. Nicht ausschließlich genervt. Es war das Seufzen einer Frau, die zwar eine gewisse und vollkommen berechtigte Genervtheit empfand und diese durch das Seufzen zum Ausdruck bringen wollte, aber zu mindestens genauso großen Teilen ob des unerwarteten Kompliments grinsen musste.
    Noch bevor sie aber etwas entgegnen konnte, setzte ihr Ordensbruder erneut an. »Ihr seid eine reisende Kauffrau, die ihr Vermögen mit dem An- und Verkauf von Stoffen auf den südlichen Inseln gemacht hat und nun nach dem Tod ihres Mannes auf der Suche nach religiöser Erleuchtung ist.«
    Der Bärtige pausierte kurz, ging die Geschichte in Gedanken durch und nickte stumm, nachdem er sich sicher war, kein von Felia vorgegebenen Detail vergessen zu haben.

    Die Kauffrau nickte zufrieden.

    »Und du bist Kurt. Mein Gehilfe.«
    Sie war noch ein wenig enttäuscht darüber, dass Curt die würzigen Details über Gerüchte, ihr Mann sei durch nicht unerhebliche Mithilfe ihres Gehilfen Kurt ums Leben gekommen, da dieser sich in den Jahren seiner treuen Dienste unsterblich in die wunderschöne Kauffrau verliebt hatte, nicht in der Geschichte wissen wollte. Aber sie hatte einsehen müssen, dass ihr Ordensbruder in diesem Punkt nicht abweichen würde.
    Nichtsdestotrotz eine wie sie fand überaus glaubhafte Geschichte. Beide Rollen waren ihnen wie auf den Leib geschrieben. Auch wenn es ihr schwer fiel, sich in die Rolle einer so herrischen und selbstverliebten Dame hineinzuversetzen, die ihren Gehilfen herumscheuchte und selbst nichts tat.

    »Die ganze Kreativität hat mich ganz schön müde werden lassen.«, berichtete sie. »Und die Sonne steht schon wieder tief am Himmel. Was hältst du davon, wenn wir hier Rast machen?«

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    Provinzheld Avatar von Arvideon
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    Bluttal – Am Scheideweg der westlichen Baronien

    Die Lichtung lag verlassen vor dem kleinwüchsigen Wandermönch. Nur ein paar Spatzen hüpften durch das Gras und unterhielten sich, während sie von den Ameisen auf dem Waldboden naschten.
    Es war der Tag von Beltane, dem Frühlings-, dem Lebensfest des Volkes der Wälder. Eigentlich ein freudiger Tag, der das Erwachen und Sprießen des neuen Lebens feiern sollte, erinnerte die Lichtung unterhalb seiner erhöhten Aussichtsposition die, die ihre Geschichte kannten, jedoch vor allem an all das Leid, dass in den vergangenen Dekaden das Volk der Wälder heimgesucht hatte. Erst der Drache, der sie aus ihrem Rückzugsort in der Tiefebene von Tooshoo verdrängt hatte, dann die Orks, die das Fort, das einst auf dieser Lichtung im Bluttal gestanden hatte, dem Erdboden gleich gemacht hatte. Ziemlich genau sechs Jahre war das nun her.
    So manch einer mochte sagen, dass es das Schicksal dieses Tals war, das das Waldvolk ereilt hatte. Wie man es drehte, wendete, das Tal war jedenfalls ein weiteres Mal seinem blutigen Namen gerecht geworden und hatte ganze Arbeit geleistet seitdem die Hinterlassenschaften der wenigen Zeichen der Siedlung und ihrer in den ewigen Schlaf gesunkenen Bewohner mit frischem saftigen Grün weich zu betten und zuzudecken.

    Arvideon hatte beschlossen hier ebenfalls die Nacht zu verbringen. Eine Stätte der ewigen Ruhe, war nicht nur für die Toten eine gute Ruhestätte. Unter zwei eng beieinanderstehenden Bäumen hatte er seine Hängematte für die Nacht aufgespannt. Der kleinwüchsige Wandermönch hatte in den Jahren des Reisens mit dem Kapitän die Vorteile der Bettung in luftigen Höhen zu schätzen gelernt. Keine Ratten, kaum Flöhe und man musste sich keine Sorgen um zu wenig oder unangenehm piksendes Stroh in der Matratze machen.
    Der gewitzte alte Gnom hatte die Stelle strategisch günstig am der Kreuzung gegenüber liegenden Rande der Lichtung hinter einem großen von Gletschereis und Witterung geformten Findling gewählt, auf dem er sich nun auch niedergelassen und ein kleines Feuer geschürt hatte, denn es war bereits eine gute Zeit für ein Nachtmahl.
    Der ungeschlagene Meister der Verkleidung hatte sich verwandelt, in sein Selbiges in Blau. Aus Harun Marakiel Arvideon Demar von Thermaron, Adlatus der Kirche des Innos, war Harun Marakiel Arvideon Demar von Thermaron, Novize der Jüngerschaft des Adanos geworden – und das einzige, dessen es dazu bedurft hatte, war ein Robenwechsel und eine kurze Bootspartie über den Seeweg aus der Stadt hinaus gewesen. Natürlich trug er nicht einfach die blaue Novizenkleidung, die er einst beim Eintritt in Setarrif erhalten hatte, schließlich hätte er bei seinem Weg durch das Thorniarer Umland hierher gut und gerne einer Patrouille der Provinzgarde über den Weg laufen können. Stattdessen trug er das Blau der Wassermagier halb verdeckt unter seiner braunen Kutte und dem schwarzen Reisemantel.
    So getarnt hatte er nun sein mitgebrachtes Vesper auf einem kleinen Tuch ausgebreitet, etwas Obst, Brot, luftgetrocknete Dauerwurst und ein kleines Stück Käse.
    "Der stetig rege Wandermönch dankt dem heiligen und ewigen Adanos und seinen verehrungswürdigen Brüdern für dieses nahrhafte Abendmahl. Sie mögen es segnen und ihre Hand schützend über die hier Versammelten, die hier durchreisenden und ihre Wege halten.", segnete er laut die Speisen.
    Für einen Moment hob er seinen Brotkanten und ein bereits gestutztes Wurstende dem Himmel entgegen, an dem bereits der Mond weiß vor dem abendlichen Hellblau, dem Widerschein der noch nicht untergegangenen Sonne, grüßte.
    Dann jedoch legte er beides zurück auf das Tuch, blickte, statt sich sofort daran zu laben, hinüber zum Weg, der den Pass von Thorniara heraufführte, lächelte breit und winkte auffordernd.
    „Er meint auch Euch, junger Nordmann. Kommt her, setzt Euch. Seid Gast des ehrenwerten und großzügigen Harun Marakiel Arvideon Demar von Thermaron.“

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    Lehrling Avatar von Isidor
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    Bluttal – Am Scheideweg der westlichen Baronien

    Wie oft konnte man sich schon auf dem Weg von Thorniara zum Bluttal verlaufen? In Isidors Fall war die Antwort ein eindeutiges Ja. Nicht nur einmal hatte er sich von einer Weggabelung verleiten lassen und war mehrere hundert Schritte später erst darauf gekommen, dass es nicht richtig sein konnte, dass die Gipfel des Weißaugengebirges sich vor ihm erhoben. Meist endeten die Pfade in heruntergekommenen oder gänzlich verfallenen Mienenschächten oder Forsthütten, deren Nutzung schon seit langer Zeit eingestellt worden sein mussten. Der Hüne wusste, dass seine Orientierung nicht zum Navigator befähigte, doch so schlecht hatte selbst er sie nicht eingeschätzt. Das kam davon, wenn man sein Leben lang in derselben Stadt verweilte und es keine Anreize gab auf Reisen zu gehen. In Vengard hatte er sich zurecht gefunden, jeden Winkel und jede Gasse seines Viertels hatte er gekannt, doch hier? Auf Argaan, einer fremden Insel, weit weg vom Festland, verrieten ihn seine Sinne ein ums andere Mal.
    „Ein Tagesmarsch“, schnaufte er und wiederholte damit die Worte des Stadtwächters, den er vor seiner Abreise angesprochen hatte, „Und warum, bei den Göttern, ist der Mond dann schon zu sehen? Ach ja, weil ich absolut unfähig bin der Beschilderung zu folgen!“, ärgerte er sich und verfluchte gleichwohl seine Inkompetenz in Sachen Reisen.
    Prüfend griff er an seinen Wasserschlauch, der bereits erschreckend leer war. Der warme Tag war einem kühler werdenden Abend gewichen, doch sein Durst machte da keinen Unterschied. Allerdings fürchtete er den Wald in der Dämmerung und noch mehr, dass er nie wieder herausfinden würde, wenn er auf die Suche nach einem Fluss ginge.

    Stattdessen hielt er sich immer weiter südlich, wollte bloß endlich am Scheideweg der Herrschaftsgebiete ankommen, die im Bluttal ihre Mitte fanden. Ein Rascheln ertönte in einem der Bäume am Wegesrand und erschrocken blickte Isidor auf, als eine Eule sich von einem Ast abstieß. Ein tiefes, melodisches Schuhu hallte durch die Luft und ließ einen Mann mit starkem Herzklopfen zurück.
    Seine Schritte beschleunigend entdeckte er endlich eine wilde Wiese, frei von Bäumen, überwuchert von saftigem, jungen Gras. Einige Holzstämme lagen verstreut im Zentrum des Tals, die schon viele Jahre hier liegen mussten. Pilze und Moos hatten sich ihrer bemächtigt. Der Blick des Schmiedes glitt über die weite Lichtung, suchte nach einem weiteren Wegweiser, an dem er sich orientieren konnte. Doch stattdessen wurde seine Aufmerksamkeit von etwas gänzlich anderem angezogen. Unerwartet entdeckte er auf einem Findling, unweit der Kreuzung, ein Feuer. Ein Mann von geringer Größe sprach ein Gebet, hielt für einen Augenblick ein nächtliches Mahl gen Himmel, ehe seine Aufmerksamkeit auf Isidor überging.

    „Nordmann sagt Ihr?“, fragte der Blonde verdutzt und näherte sich neugierig dem unverhofften Hoffnungsschimmer in Form des Harun Marakiel Arvideon Demar von Thermaron – ein wahrhaft großer Wortbissen.
    Als er näher herantrat betrachteten sie einander. Am auffälligsten waren wohl seine goldenen Augen, die listig im Schein des Feuers tanzten. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht, lud dazu ein sich in guter Gesellschaft zu wägen. Es war unmöglich zu sagen, ob er alt oder jung war, ein junger Alter, mochte man sagen.
    „Seid gegrüßt, Herr“, fand der Schmied seine Manieren wieder und neigte leicht den Kopf, eine Hand auf seiner Brust, „Mein Aussehen mag trügen, doch ich bin aus Zentralmyrtana. Kein Blut der eisigen Weiten fließt durch meine Adern, lediglich ein Hang zu ihren modischen Entscheidungen.“
    Grinsend deutete er auf sein Haar und etwas weniger überzeugt auf seine Narben.
    Der Einladung folgend setzte sich Isidor zu dem Reisenden ans Feuer.
    „Habt Dank. Meine Knochen könnten etwas Ruhe vertragen. Habt ihr vielleicht etwas Wasser?“
    Ein Trinkschlauch lag auf dem ausgebreiteten Tuch, neben der Auswahl an Speisen.
    „Sagt, habt Ihr ein Gebet gesprochen. Ich meine Adanos‘ Namen gehört zu haben.“
    Geändert von Isidor (29.05.2024 um 23:52 Uhr)

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    Lehrling Avatar von Piero
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    Bluttal

    Formvollendet-distinguiert setzte Piero den kleinen Zinnbecher von seinen Lippen ab, den er stets mit sich auf Reisen zu nehmen pflegte, und schmatzte mit einem hochzufriedenen Ausdruck im Gesicht.
    „Ein ausgezeichneter Wein, den Ihr da aus Eurer Provinzkelterei für mich besorgt habt, mein lieber Rico“, schloss er sein Urteil ab und vollführte eine prostende Bewegung in Richtung seines Patrons.
    „Diesen Wein als Lohn für meine Unterstützung gefordert zu haben, war definitiv eine meiner besseren Entscheidungen des heutigen Tages. Ich verlange nicht viel, aber das Wenige ist von hervorragender Qualität. Allein, wenn er jetzt noch gekühlt wäre! Ein Königreich für einen Wassermagier als Eisspender, sage ich Euch! Nicht nur für den Wein, versteht sich, sondern auch für mein Gemächt, das dieser Hund von einem unheiligen Testikelmeuchler mir auf so unbegründete wie hinterhältige Weise angesengt hat.“
    Er hielt Rüdiger den Becher hin. „Auch einen Schluck?“
    Rüdiger hob die Hand in verneinender Geste und verzog das Gesicht in Unwohlsein. „Wie weit fahren wir noch?“
    „Wird bald zu dunkel zum Weiterfahren, Herr Novize“, rief der Bauer vom Bock seines Fuhrwerks aus. „Aber da vorn war mal das Fort, da halt ich niemals nich. Da sin‘ Geister!“
    Piero machte große Augen und hob die Arme. „Uuuh, Geister! Welch vorzügliche Themenwahl für eine kleine Gutenachtgeschichte! Ich harre mit Ungeduld darauf, sie später zu hören, Herr Bauer, wenn wir uns ein Stück gen Westen von hier mit den Eseln zur Nachtruhe unter das Fuhrwerk kuscheln in dieser lauen Frühlingsnacht.“

    Etwas erweckte die Aufmerksamkeit von Piero, als sie an der Lichtung des ehemaligen Forts vorüber rumpelten – oder vielmehr jemand. Eilig sprang er auf und prostete auf der Ladefläche stehend in Richtung der Bäume.
    „Isidor! Ihr hier, werter Freund? Ich trink auf Euer Wohl und sehe Euch dann in Stewark!“
    Er staunte nicht schlecht, als er die kleine Gestalt an der Seite seines ehemaligen Reise- und Körperkulturgefährten erblickte.
    „Wie ich sehe, habt Ihr Euch einen Leipreachán gefangen! Wusste gar nicht, dass es die in diesem götterverlassenen Teil der Welt gibt! Sagt Bescheid, wenn Ihr seinen Goldtopf am Ende des Regenbogens gefunden habt, ja?“
    Als das Fuhrwerk über eine Wurzel polterte, setzte er sich beinahe kontrolliert wieder hin. Er linste zu Rüdiger hinüber. „Der gute alte Isidor. Frag mich, was der so getrieben hat, dass er immer noch nicht weiter ist.“
    Einer der Esel iahte. Die hölzerne Achse des Fuhrwerks quietschte. Der Wein schmeckte gut.
    Geändert von Piero (30.05.2024 um 00:59 Uhr)

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    Provinzheld Avatar von Arvideon
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    Bluttal – Mit bester Aussicht auf das Rennen der Lang- und Schlitzohren

    „Bitte verzeiht dem alten Zausel seinen erklecklichen Fauxpas. Doch Ihr seht den bescheidenen Wanderer Adanos‘ nicht nur zutiefst betroffen, sondern auch verwundert: Sagt an, den Barte und das Haar auf dem Haupt zu tragen, wie es die Clansmänner aus dem kalten und hochgelegenen Norden pflegen, ist das dieser Tage wirklich Mode in der Stadt der feurigen Häupter?“, sagte Arvideon, unmittelbar nachdem er eine bestürzte Miene aufgesetzt hatte.
    Doch innerlich war er hoch erfreut. Er war offenbar doch nicht so sehr aus der Übung und hatte sein Blatt richtig gespielt. Nicht, dass es nicht hätte sein können, dass der junge Mann tatsächlich ein Nordmarer war – in dem Fall hätte der Wandermönch sicher Eindruck gemacht, indem er das so schnell erkannt hatte – aber das war gar nicht notwendig, dafür, dass seine Strategie aufging. Das war ja das wunderbare. Egal, ob er richtig lag oder nicht, egal, ob der blonde Myrtaner ihn nun für scharfsinnig oder oberflächlich und zu schnellen Schlüssen geneigt betrachtete, egal, ob er über- oder unterschätzt wurde, Arvideon gewann immer und das machte ihn hoch zufrieden.
    „Und natürlich, bedient Euch, junger Wandersmann, die Gaben des Herrn des Lebens sind gegeben, um geteilt zu werden – sei es zünftige Speis oder kräftiger Trank, denn ER schenkt uns die Früchte der Erde, des Wassers und der Arbeit, dass wir ausgleichen, was fehlt in unseren Bäuchen und Kehlen“, fuhr er einfach fort und griff mit seinen kurzen fingern nach dem prall gefüllten Wasserschlauch und reichte ihn dienstbeflissen seinem Gast, „Hierin ist kühles Nass aus klarer Quelle, unterhält es sich doch schwer mit trockener Kehle.“
    Doch gerade als sein junger Gast, den Schlauch an die Lippen hob, kam Lärm auf der Straße und von der Ladefläche des darauf heranzockelnden Fuhrwerks.

    Arvideon schüttelte angesichts der Hybris des Mannes, der seinem Gast aus der Kutsche heraus zugeprostet hatte, nur schmunzelnd den Kopf. Irgendwie hatte er Mitleid mit dieser götterverlassenen Gestalt, die ihnen vom Wagen aus zutrinkend so drängend ihre Unsicherheit überspielen musste. Also segnete er ihn in seinen Gedanken und beschloss Isidor, wie der junge Mann, der sich bislang nicht vorgestellt hatte, offenbar heißen sollte, nicht mit Fragen nach seinen zweifelhaften Bekanntschaften zu belasten.
    Als die Kutsche gen Stewark abgebogen und außer Sichtweite zwischen den Bäumen verschwunden war, wandte er sich wieder seinem Gast zu: „Wo war der Vater der falschen Bescheidenheit Euch noch eine Antwort schuldig geblieben, ehe mancher Esel so rasant den Staub auf der Straße in wilder Ungestümheit umherwirbelte? Ach, er weiß, beim Gebet: In der Tat hat der zurückhaltende Diener Adanos‘ ein Dankgebet für sein Nachtmahl gesprochen, wie es Sitte ist und IHM gebührt. Wieso fragt Ihr ihn, junger Herr… Isidor?“
    Geändert von Arvideon (30.05.2024 um 16:40 Uhr)

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    Bluttal - Jagd nach Gold auf Irrwegen

    Eine sonderbare Form der Rede, die sein Gastgeber in freier Natur dort wählte. Jeden Satz, der den Mund des eloquenten selbst ernannten Vaters der falschen Bescheidenheit über die Lippen kam, musste Isidor in Gedanken noch einmal wiederholen, um sich der Sinnhaftigkeit bewusst zu werden.
    „Ich kann Euch versichern, dass es nicht die vorherrschende Mode in Vengard ist, sein Haar auf diese Weise zu tragen“, antwortete er und lächelte schief, „Doch ich sehe das Praktische daran und orientierte mich an den Begründern der Schmiedekunst, denen ich nacheifere. Einen Bart findet Ihr jedoch an gewiss jedem dritten Mann im Großreich.“
    Der Blonde versuchte den Ton des Wanderers nachzuahmen, doch es fiel ihm sichtlich schwer der Wortgewandtheit gerecht zu werden. Mit gesenktem Haupt als Zeichen des Dankes nahm er den Wasserschlauch entgegen, der ihm gereicht wurde, entkorkte ihn mit den Fingern – die Zähne würde er nicht an den Besitz eines anderen legen – und nahm einen Schluck des erstaunlich kühlen Inhalts. Just in diesem Moment ratterte ein Karren holprig über den unebenen Boden der Lichtung und eine bekannte Stimme hallte zu ihnen herüber.
    Überrascht wandte sich Isidor um und staunte nicht schlecht, als er Piero stehend auf der Ladefläche eines Eselkarrens entdeckte, einen Zinnbecher erhoben. Ein Toast, der dem Hünen kaum unangenehmer hätte sein können, weshalb er unsicher den geliehenen Wasserschlauch hob, doch eine Antwort schuldig blieb. Irgendwie hatte es der Wortkünstler geschafft den Novizen Rüdiger davon zu überzeugen, dass er seine Hilfe benötigte. Kopfschüttelnd ob dieser Leistung schaute er dem sich entfernenden Wagen noch einen Moment nach, schmunzelte etwas, als Piero sich elegant schwankend wieder niederließ.

    „Verzeiht die brüske Art Pieros“, bat Isidor mit in Falten gelegter Stirn, „Wir trafen erst kürzlich aufeinander, doch ich teile seine Meinung über Euch keineswegs. Es sei denn, ihr wisst tatsächlich um einen versteckten Topf voller Gold.“
    Ein peinlich berührtes Lächeln sollte die offensichtliche Beleidigung des Possenreißers schmälern, doch der Schmied sah sich nicht als feinfühligen Wortakrobaten, hoffte nur um die Widerstandskraft des Demar von Thermaron gegenüber Spitzfindigkeiten, die seine geringe Körpergröße als Grundlage nahmen.
    „Isidor, ja. Das ist mein Name. Verzeiht, dass ich versäumte ihn Euch zu verraten“, entschuldigte sich der Schmied und holte nun seinerseits Proviant hervor, um es dem Mahl der beiden Rastenden hinzuzufügen.
    Ein allzu trockener Kanten Brot, gepökeltes Fleisch, welches durch Salz und Fett im Feuer schimmerte und einige getrocknete Apfelscheiben.
    „Es ist nicht viel, doch lasst auch mich teilen, was ich habe“, bot er an.
    „Was meine Frage betrifft. Es ist lange her, dass ich jemanden im Namen Adanos' beten hörte. Und wie es sich fügt, werde ich bald häufiger auf den Namen des Gleichgewichts treffen, wenn mich mein Weg nach Stewark führt. Zumindest vermute ich das.“
    In Gedanken legte Isidor seinen Kanten Brot an den Rand des kleinen Feuers. Mit etwas Glück würde es dadurch wieder genießbar.
    „Nur, dass mir die Gabe der Wegfindung verwehrt worden ist, erschwert mir dieses Vorhaben mehr, als ich normalerweise bereit bin zuzugeben, wäret Ihr nicht so gastfreundlich gewesen.“
    Die Aussicht darauf, dass Harun Marakiel Arvideon im Namen Adanos‘ handelte und damit die Chance, dass er einen Weg nach Stewark und hinter dessen Mauern kannte, ließ den Blondschopf hoffen. Hoffen darauf, dass er nicht einen weiteren Irrgang vor sich hatte, um sein Ziel zu erreichen.

  16. Beiträge anzeigen #116 Zitieren
    Veteran Avatar von Curt
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    Sie rasteten am Südhang des Berges, die untergehenden Strahlen der Sonne im Gesicht und den Blick bereits auf ihr Ziel am Horizont gerichtet. Die Baronie Stewark, heute würde man vielleicht sogar Königsstadt sagen, wenn man größenwahnsinnig war. Es war nichts mehr als eine Kleinkönigsstadt eines Kleinkönigreichs mit einem kleinen König, der vermutlich von winzigen Tellern aß. Das jedenfalls spukte Curt durch den Kopf, wenn er bedachte, wie schrecklich eng bebaut diese Stadt sein musste und wie viele Menschen dort wohl lebten. Die berüchtigten Klippen waren bereits zu erkennen. Gab es einen Weg außen herum? Vielleicht mussten sie nicht einmal die Stadt betreten …

    Curt schüttelte den Kopf. Nein, das war Wunschdenken. Sie würden nach Hinweisen Ausschau halten, sich vielleicht sogar für Arbeit und ein Zimmer für die Nacht umsehen müssen. Gar nicht so einfach ohne Gold, doch wenn jemand vom bloßen Verstand leben konnte, dann ja wohl Curt und Felia. Oder besser gesagt Kurt und Felicia.
    „Ich kann Euch heute nur einfache Reisekost anbieten, o gnädige Kauffrau Felicia von Schönborn“, säuselte er und reichte ihr eine selbstbelegte Käsestulle. Immerhin, ein paar Kräuter aus den Tempelgärten verfeinerten den Geschmack und zusätzlich hatte er noch eine halbe Flasche Wein in der Tempelküche gefunden, die sie sich teilten; eine kleine Belohnung für das Ende eines langen Wandertags.

    „Ich muss dir was erzählen … das brennt mir schon die ganze Zeit unter den Nägeln“, begann Curt nach einer Weile, vom Rebensaft ermutigt. „Im Badehaus habe ich Rüdiger getroffen, er wirkte völlig deplatziert. Vermutlich dachte er wirklich, dort einen Hinweis auf unseren Zielort zu finden. Jedenfalls waren da noch zwei andere Gestalten, so ein grober, blonder Nordmarer und ein Kerl mit einer äußerst schmierigen Ausstrahlung und geradezu … exhibitionistischen Charakterzügen.“
    Schon beim Gedanken an den Typen lief Curt ein kalter Ekelschauer über den Rücken.
    „Piero hat er sich genannt, wenn das denn überhaupt sein richtiger Name ist. Er war so dreist, sich in die Prüfung des Feuers einzumischen. Möglicherweise wird sich Rüdiger von ihm helfen lassen. Dieser Naivling erkennt solche falschen Schlangen nicht. Er hat sicher nur seinen eigenen Vorteil im Sinn. Und seine … primären Geschlechtsmerkmale. Nun, Letzteres vermutlich nicht mehr.“
    Er zuckte mit den Schultern und ein etwas hämisches Grinsen machte sich auf Curts Lippen breit.
    „Er hat sich mir, einem Mitglied des heiligen Ordens, völlig unverschämt verhalten, woraufhin es zu einem … Zwischenfall kam. Nur ein kleiner Feuerpfeil, es wird ihn wohl eine Weile in der Hose brennen.“
    Curt seufzte.
    „Behandeln wir es wie eine Beichte und nehmen an, du bist die Feuermagierin, die sie mir abnimmt. Das sollten wir jetzt sowieso üben. Was glaubst du? Habe ich mich versündigt?“

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    Kämpfer Avatar von Felia
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    Ein kaum zu übersehendes Grinsen schlich sich ohne jegliche Vorankündigung über die Züge der vermutlich schönsten Novizin des Ordens, während ihr Ordensbruder mit seinen Erzählungen fortfuhr. Sie wollte ernst bleiben und Curt schelten für sein vorschnelles und ungebührliches Fehlverhalten als eine Person, die gerade im Begriff war, in die erlesenen Kreise der Feuermagierinnen einzutreten. Die Vorstellung aber, wie der sanfte und ruhige Curt gänzlich die Fassung verlor und einem anderen Mann den Schambereich in Flammen setzte, ließ sie mit vorgehaltener Hand leise kichern.
    »Verzeih mir.«, lachte sie und hob entschuldigend die Hand, während sie vergeblich versuchte, das Lachen zurückzuhalten. Sehr undamenhaft prustete sie halblaut und verfiel dann in ein lautstarkes Lachen. »Es ist nur...« Eine einzelne Träne kullerte ihr über die Wange und sie wischte sie mit dem Handrücken weg, unfähig den angefangen Satz zu vollenden.

    Es dauerte eine Weile, in der Curt stumm und völlig fassungslos neben seiner Weggefährtin saß und ihr beim Lachen zusah. Er wirkte ernst, aber auch auf seinen Zügen nistete sich ein kleines Lächeln ein. »Und die Leute fragen sich immer, wieso im Badehaus nach Geschlechtern getrennt wird.«, schloss Felia schließlich ihren Lachanfall mit einem kurzen, beinahe schüchtern wirkenden Auflachen und einem Kopfschütteln.
    »Die pflichttreue Ordensschwester in mir möchte dir sagen, dass ein solches Verhalten gegen den weniger gutgestellten Personen Thorniaras ein Fehlverhalten sondergleichen darstellt und wir als privilegierte, gutaussehende, charmante, gebildete und beneidenswerten Ordensmitglieder dem Pöbel ein Vorbild zu sein haben.« Verschwörerisch beugte sie sich vor. »Aber wir sind weit genug weg von Thorniara. Daher gehe ich davon aus, dass dieser absolute Knilch wirklich ausnahmslos all das verdient hat, was ihm widerfahren ist.« Sie zwinkerte Curt zu und lehnte sich wieder zurück.

    »Gab es Zeugen? Dieser Blondschopf aus der Kälte und Rüdiger? Nein - nicht du!« erschrocken wich sie vor dem neugierig dreinblickenden Esel zurück und schob ein wenig angewidert seinen Kopf weg. Er mochte ein hilfreiches Nutztier sein und irgendwie war ihr das Tier ans Herz gewachsen, aber es war noch immer ein Esel und entsprechend roch er. Und eine von Schönborn würde sicherlich nicht nach Esel riechend Stewark betreten!
    »Glaubst du Rü- ich meine unser etwas stumpfsinniger Ordensbruder oder die anderen beiden können die entflammte Scham auf dich zurückverfolgen?«

  18. Beiträge anzeigen #118 Zitieren
    Veteran Avatar von Curt
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    Curts Herzschlag entspannte sich wieder ein wenig. Ja, man konnte von einem geradezu warmen Gefühl ausgehen, dass Felias herzliches Lachen in seiner Brust auslöste, das ihn beruhigte und die Sorgen vertrieb. Sie war auf seiner Seite, niemand würde ihnen mehr etwas können, kein Gabriel und auch kein Piero, selbst wenn der Schuft mit Rüdiger zusammenarbeitete.

    „Ja, vermutlich können sie es sich denken“, erwiderte Curt und stocherte in der Glut ihres Lagerfeuers herum. „Ich habe zwar kurz darauf einen Rauchwolke-Zauber gewirkt und den Ort des Geschehens verlassen, aber zu dieser Kostprobe der Magie wäre einer wie Rüdiger ja wohl kaum in der Lage. Sofern sie es der Elementarmathematik mächtig sind, können sie wohl eins und eins zusammenzählen.“
    Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Aber sollte er es drauf anlegen, steht Aussage gegen Aussage. Und wer sollte einem Tagedieb und einem Esel schon Glauben schenken? Nichts gegen dich, Rüdiger.“

    Curt erhob sich und reichte dem Esel noch eine Möhre, ehe er ihn etwas abseits von ihrem kleinen Lager an einem Baum festband. Dann würde Felia hoffentlich nicht mehr so oft die Nase rümpfen. In Momenten wie diesen gelang es ihm recht gut, den Raum zu lesen und Felia quittierte es ihm mit einem Lächeln.
    Als er sich wieder hinsetzte, rückte er etwas näher an Felia heran. Das Lager war klein, sie hatten kein Zelt dabei, lediglich ihre Schlafrollen und einen Felsvorsprung über sich, der ihnen etwas Schutz vor Regen bot. Aber heute schien es trocken zu bleiben. Curt nahm Felia bei der Hand und öffnete auf seinem Schoß eine Rolle Pergament. Das war die Mitschrift der Prüfung des Feuers.

    „Willst du ein paar Wörter lernen?“, fragte er Felia und deutete auf den Text. „Ein paar davon könnten dir gefallen. Hier zum Beispiel: Held. Rhobar. Sieg. Gewand.“
    Er wanderte mit dem Finger über die Zeilen.
    „Oder diese: Silbern. Zunge .... Lippen ..." Ein Schmunzeln wanderte auf die seinen. "Welche Worte würdest du gern schreiben können?"

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    Kämpfer Avatar von Felia
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    Die junge Schneiderin beugte sich näher dem Mann entgegen, der sie mit seinen süßen Worten zu verführen versuchte und den Herzschlag in ihrer Brust mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit beschleunigen konnte. Sanft legte sie ihrem Liebsten die Hand an die bebartete Wange und näherte sich langsam seinem mit einem erwartungsvollen Ausdruck und nur halb geöffneten Augen gezeichneten Gesicht. Sie rückte ein Stückchen näher an ihn heran, schob mit der freien Hand die Rolle Pergament von seinem Schoß und ließ die Hand kurz oberhalb des Knies ruhen.
    Sie spürte den heißen Atem ihres Ordensbruders auf ihrer Haut und beugte sich so weit nach vorn, dass sich ihre Lippen schon fast berührten.

    Dann wandte sie den Blick ab und rieb sich mit theatralischer Nachdenklichkeit das Kinn. »Reichtum, Schönheit und Macht.«, verkündete sie nach zwei Herzschlägen stolz und schnipste dabei bestätigend mit dem Finger. »Einfluss wäre auch ein durchaus wichtiges Wort.«, fuhr sie fort. »Gold. Feuermagierin. Und - uh, wie wäre es mit einem ganzen Titel: Prima von Thorniara und rechte Hand der obersten Feuermagierin des Ordens das klingt doch gut, was sagst du, Liebster?« Die Theatralik in ihrem Gebaren stellte die amateurhaften Theaterkünstlerinnen bei weitem in den Schatten, die bisweilen ihren Weg in die Hafenstadt fanden. Sie lächelte zufrieden den etwas enttäusch dreinblickenden Curt an.
    Zu gern hätte sie ihm den Wunsch erfüllt, ihr das Lesen beizubringen, aber sie war nunmal einfach nicht in der Lage dazu. Sie hatte keine einzige der Übungen gemacht, die er ihr vor so langer Zeit gegeben hatte. Einzig an den ersten Buchstaben ihres Namens konnte sie sich erinnern. Sie hatte schlicht kein Händchen für diese verwirrenden Zeichen und ihre verborgenen Bedeutungen und Doppeldeutigkeiten. Und sie hasste Dinge, in denen sie nicht gut war. Sie hatte ihr Leben lang für alles arbeiten müssen, was sie heute besaß. Für ihre Position im Orden, für die Anerkennung ihrer Ordensbrüdern und -schwestern, selbst die die einfache Unterweisung in der Kunst der Magie musste sie hart arbeiten. Aber all das waren Privilegien. Das Lesen und Schreiben aber... Es gab so viele Leute, die diese ihr gänzlich unbekannte Kunst beherrschten. Was sagte das über sie aus, wenn sie sich vor allen anderen eingestehen musste, genau das nicht zu können?

    Entschuldigend blickte sie zu Curt. »Es ist heute schon so spät und ich bin ganz fürchterlich müde.«, gestand sie. »Ein ander Mal, in Ordnung?« Dann drückte sie ihm einen flüchtigen, aber liebevollen Kuss auf die Lippen und entschwand vorerst in den Wald und ließ den hünenhaften Novizen allein mit seinen Pergamentrollen.

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    Bluttal – Zwischen den Sphären gefragter Bedürfnisse und hinabsinkender Orangeanteile

    „Habt Dank für Eure reichlichen Gaben, werter Isidor“, sagte Arvideon zu seinem Gast und verneigte sein Haupt feierlich, „Lasst es Euch schmecken!“
    Er nahm wartete kurz, bis sich Isidor den ersten Bissen genommen hatte, dann griff auch der kleinwüchsige Wandermönch zu und verzehrte ein Stück des frisch gerösteten Brotes mit einem Fingerdicken Streifen des würzigen Käses. Eine Weile aßen sie schweigend.
    Im Osten, wo der befestigte Pass nach Stewark lag, zeigte sich bereits das glühende Abendrot.

    Es amüsierte Arvideon leicht, dass der junge Myrtaner scheinbar – ob bewusst oder unbewusst – versucht hatte, sich dem Stil des Wörterschmiedens seiner Zunge anzupassen. Ob es die Einsamkeit war, die den jungen Mann zu dieser unbewussten Annäherung bewegte? Isidor kam dem Gottesdiener ein wenig verloren vor und das nicht nur, weil er die Orientierung auf seinem Weg so leicht aus den Augen zu verlieren meinte.
    „Nach Stewark strebt Ihr, wie es auch der einsame Wandermönch tut?“, fragte er, nachdem Brot und Belag nach und nach zu Neige gingen. Sie brauchten nicht sparen, denn Stewark lag keine Tagesreise entfernt. „Das Ziel des rastlosen Arvideon ist die Betstätte des Herrn des Lebens und des Ausgleichs, die sich dort unlängst aufgetan. Zu Adanos strebt er auf einen Plausch, zu klären, was die kleine Welt bewegt und bestimmt seines zukünftigen Lauf.“
    Der Wandermönch mit der sehr hohen Stirn kramte ein kleines scharfes Obstmesser aus seiner Manteltasche und machte sich an einem der frischen Apfelsine zu schaffen, die er selbst beigesteuert hatte. Fachmännisch entkleidete er sie ihrer Schale und löste einen Schnitz für seinen Gast, dem er ihn entgegenhielt.
    „Gerne zeigt er Euch den Weg, Isidor. So Ihr denn die Dunkelheit des Beltane mit ihm hier abwarten wollt, auf der Kreuzung der Verblichenen zu träumen wagt.“
    Dann löste er einen zweiten Schnitz der orangenen Zitrusfrucht und zerdrückte mit seinem Mund, sodass der süße Saft seine Geschmacksknospen in saurer und süßer Erfrischung jubilieren lies, bevor er zufrieden schluckte.
    „Und natürlich weiß der alte Gnom um zahlreiche versteckte Töpfe voller Gold. Kein einziger in den Reichen um das myrtanische Meer ist ihm unbekannt, muss der Vater der falschen Bescheidenheit eingestehen.“, fügte er seinem Angebot einer morgendlichen gemeinsamen Weiterreise in völligem Ernst hinzu, „Doch Gold ist Tand in den Händen von Gierigen und Tand in den Augen der Verzweifelten. Gold ist Tand, der die Sicht verstellt, Tand, der die Hände füllt, aber nicht die Seele, Tand, der das Herz verstocken lässt und die Hände in ängstlicher Umklammerung erstarren. Doch Gold ist auch schlüpfriger Tand. Wer darauf hofft, der darauf baut, dem zerrinnt es zwischen den Fingern, nachdem er seine Seele dafür verkauft. Wieso verlangt es einen äußerst höflichen und dienstbeflissenen jungen Herren, wie Euch Isidor, nach derlei Tand?“
    Arvideon sah sein Gegenüber nachdenklich an und zerteilte die Apfelsine ein weiteres, letztes Mal.

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